Marche, IGT Rosso, Az. Santa Barbara, Italien
Die Adria ist als reizvolle Küste und günstiges Urlaubsziel seit Jahrzehnten weit und breit bekannt. Über die im Hinterland angrenzende Weinregion Marken, von der Adria bis zum Apenin, diskutieren Weinfreunde noch nicht lange wirklich ernsthaft, obwohl der weiße Lokalmatador Verdicchio nur hier anzutreffen ist – und das längst auch in besten Qualitäten. Vergessen sind die grünen Amphorenflaschen der Massenweine, die Zeit ist auch in den Marken nicht stehen geblieben.
Dafür haben Menschen wie Stefano Antonucci, Inhaber des Weingutes Santa Barbara, mehr als zwanzig Jahre gekämpft und geschuftet. Der ehemalige Banker hat 1987 den Familienbetrieb übernommen, seit 1995 ist er voll engagiert und renovierte und erneuerte, was zu erhalten war. Die Kellergewölbe des 30 Hektar großen Anwesens Santa Barbara liegen unter einem ehemaligen Kloster, sie wurden mit sehr viel Liebe bis ins Detail restauriert, wovon ich mich bei einem Besuch im Januar überzeugen konnte.
Wein aus reinem Merlot
Stefano wirkte gelassen, spielte seine Gastgeberrolle brillant. Morgens, mittags und abends wechselte der stets fröhliche Typ seine maßgeschneiderten bunten Sakkos, Schal und Sonnenbrille. Seine tiefe, musische Stimme erinnerte mich an die von Friedrich Lichtenstein. Ich kann mich auch an keinen Menschen in der Weinszene erinnern, der so emotional geprägt ist wie Stefano, ein unruhiger Geist, der ständig in Bewegung scheint. Emotionen bedeuten ihm sehr viel, im täglichen Leben, beim Fussball oder beim Wein. So hat es lange gedauert bis er bereit war, neben seinen traditionellen Rebsorten Verdicchio oder Montepulciano einen Wein aus reinem Merlot zu kreieren, dessen Ursprung ja nicht in den Marken liegt. Der Merlot aus den Weinbergen von Santa Barbara wurde stets in den «Pathos» als Ergänzung zum herrischen Montepulciano gegeben. Bei einer Kellerprobe der 2011er stellte Stefano fest, dass der 2011er Merlot viel besser war als die Jahre davor und so wurde beschlossen, dass ein kleiner Teil davon zur Probe separat gefüllt wird, 1315 Flaschen, in 2012 wurden es sogar 3550, weil der Wein extrem gut gelungen ist.
Süßlich-würzig wirkende Aromen gepaart mit Frische
Mossone (Stefanos Spitzname) ist also der neue Star im Hause Antonucci. Er wird zu 100% aus Merlot gekeltert und komplett im neuen Barrique Eichenfass der Tonnellerie Silvan ausgebaut.
Auberginenfarbig, fast schon nachtschwarz, weckt dieser in feinste Dufttücher gekleidete Charmeur Vergleiche mit aristokratischer Weltklasse, die weitaus höher gehandelt wird. Etwas krachend, laut und bunt scheint sein Bukett. Etwas vorlaut – wie es nun mal das Privileg der Jugend ist – durchaus auch mit brüllender Kraft, aber begeisternd mit seiner Frische und den süßlich-würzig wirkenden Aromen. Da steckt rosinierte Herzkirsche, Amaretto, Minzblatt, Süßholz und Lebkuchen drin. Jede Menge seidige Tannine, gleichgewichtig, um nicht zu sagen: nach Maß geschneidert. Bravo Stefano! Von diesem herrlichen Stoff gleich einen ganzen Anzug, Sakko und Hose bitte!