Commendatore G.B. Burlotto, Verduno, Piemont, Italien
Die norditalienisch Region Piemont, am Fuße der Alpen, ist nicht nur mit ihrer Hauptstadt Turin und deren Fußballclub Juventus weltbekannt, sie erlangte ihre Berühmtheit in erster Linie mit den Automarken Fiat, Pirelli, Lancia – und nicht zuletzt wegen der duftenden, weißen Trüffeln aus Alba und des großen Rotweins Barolo.
Das gleichnamige kleine Dorf Barolo hat wie seine Nachbarorte Castiglione Falletto, La Morra, Monforte d. Alba, Verduno und Serralunga d’Alba die besten Lagen in der hügeligen Landschaft, der sogenannten Langhe. Auf dem sandigen, kalkhaltigen Terroir ist die spät reifende Nebbiolo die einzige Rebsorte, welche für den langlebigen Rotwein zugelassen ist. Neben dem Amarone und Chianti ist der Barolo Italiens bedeutendster Rotwein. Man findet ihn in jedem Restaurant, Fachgeschäft oder Supermarkt. Obwohl er weit verbreitet ist, gilt er aber auch als der schwierigste unter allen Rotweinen.
Sein helles, durchsichtiges Ziegelrot, der gerbstoffreiche, raue, oft dünne, bittere, sauere und pelzige Geschmack ist mit seinen erdigen, pilzigen Noten häufig von weniger guter Qualität. Guter und großer Barolo ist selten tiefdunkelrot, ist immer reich an reifen Tanninen, folglich in der Jugend pelzig am Gaumen, aber ganz sicher ist er nie dünn, sauer und bitter wie die vielen, billigen Supermarktabfüllungen um die 6 Euro. Wunderbare Beispiele für große Barolo gibt es viele. Großartige Weine traditionell bereiteter Art ebenso wie die lang verpönten Modernisten stehen längst friedvoll nebeneinander in den Regalen der Fachgeschäfte, das Kriegsbeil ist begraben und akzeptiert werden beide Stilrichtungen, am allerliebsten eine Kombination aus beiden, möglichst ohne Barriquenoten.
Seidig, sanfter Geschmack, fruchtig, blumiger Duft
So habe auch ich in den letzten Jahren es wieder gelernt, mich an Barolo zu erfreuen, kann mich sogar von Weinen wie den 2010ern von Burlotto aus Verduno begeistern lassen. Bei diesen Weinen von Fabio Alessandria, dem Ur-Ur-Enkel des Commendatore, aus diesem fabelhaften Jahrgang mit bester Traubenqualität, stimmt einfach alles. Zuerst die aristokratische Robe, das strahlende Purpurrot, die Duftigkeit und seidige Textur. Und bei den Lagenabfüllungen wie Acclivi, Monvigliero oder der berühmtesten Lage des Cannubi kommen Potenz, Kraft, Balance und schlussendlich seine Eleganz dazu. Fabio ist ein begnadetes Winzertalent, der mit seinem Erbe umgehen kann wie kein zweiter. Er interpretiert in jedem seiner Weine das Terroir und die Trauben des Piemont, verweist damit zugleich auf berühmte Beispiele mit Kultstatus aus Frankreich und bestätigt damit ganz bescheiden zu kleinsten Preisen, was in der großen Welt des Weines möglich ist. Im Grunde sollten Menschen, die das wissen, kaufen was sie bekommen können und den Mantel des Schweigens darüber legen. So nur wenige Worte zu meinem neuentdeckten, ungewöhnlichsten Wein und neuem Liebling aus Piemont.
Funkelndes, reflexreiches Rubin-, Karmesinrot, ähnlich eines reinen Grenache von Henri Bonneau oder Rayas aus Châteauneuf-du-Pape. Der erste Eindruck des Duftes ist fruchtig, blumig und würzig zugleich. Frische Himbeere, Erdbeere, Sauerkirsche bis zu verwelkten Rosen und Lilien, Lakritze, Gewürznelke, Lorbeer, Steinpilzen, Unterholz und vieles mehr betören, wirken verlockend, der Duft schwebt über dem Glas. Dann überraschend der seidige, sanfte Geschmack, weich wie Watte die Tannine, filigran, geradezu zerbrechlich. Für einen Barolo ungeahnte Dimensionen, eine völlig neue Genusswelt, die restlos überzeugt und begeistert.