Christian Zündel, Tessin, Schweiz
«Wiedersehen macht Freude» dachte ich, als ich die Gelegenheit auf der diesjährigen ProWein in Düsseldorf nutzte und die besten Weinproduzenten der Schweiz auf ihrer Veranstaltung, der «Mémoire des Vins Suisses», an ihren Tischen zur Verkostung besuchte. Unter den vielen mir vertrauten Namen entdeckte ich auch Christian Zündel mit seinen Weinen aus dem Tessin.
Zündel ist längst einer der Kultwinzer der Schweiz, die man anstatt der Schokoladen oder Uhrenmarken nennt, wenn man über Schweizer Weine spricht. Mich hat schon der reinsortige Merlot,Terraferma, aus den Jahrgängen 1996 & 1997 begeistert – zwei Meisterstücke, wenn es um Frucht, Feinheit und Eleganz geht.
Sein größerer Burder «Orizzonte» hat neben dem Löwenanteil Merlot ein paar Prozente Cabernet Sauvignon im Blut. Dieser prächtige, teils sogar gewaltige Wein, steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden und beansprucht für sich Zeit zur Reife, damit er alle Vorzüge präsentieren kann, die ihm von seinem Macher mitgegeben wurden.
Strammer, vom Tannin geprägter Geschmack, wirkt lang am Gaumen
Christian Zündel versteht sich im Weinmachen mindestens ebenso gut wie in der Wissenschaft um seine Böden, die er schon in den achtziger Jahren selektionierte, als noch wenige Menschen in dieser bergigen Region ans Weinmachen, geschweige denn an Neuanpflanzungen dachten. Der diplomierte Naturwissenschaftler, der 1982 seine Kellerei gründete, bearbeitet grade mal 4 Hektar Weinberge und kennt somit seine Reben und ihren Standort aufs Allerbeste.
Die 15.000 Flaschen seiner gesamten Produktion sind immer schnell ausverkauft, was bei der gebotenen Qualität aber auch nicht verwundert. Die Weine werden nach wie vor langsam, bis zu vier Wochen mit eigenen Hefen vergoren und später in Barriques (mit weniger dickem Holz) ausgebaut.
Der Jahrgang 2009 gleicht einem gewaltigen Brocken, weniger zugänglich als ein Charmeur, aber mit allen Anlagen für einen prächtigen Wein. Hier riecht man spontan die Erde, die Mineralik, die Wald und Wiesenkräuter, einfach alles rundum wo die Reben gewachsen sind. Mit den ausgeprägten Schokonoten, Kaffee, Tabak und Lakritze wirkt der junge Wein doch schon sehr animierend, fordert zum porbieren auf. Der Duft wird sich mit der Reife ändern, ebenso wie der stramme, vom Tannin geprägten Geschmack. Darauf zu warten lohnt sich. Der konzentrierte, aber keineswegs barocke oder gar überladene Körper wirkt tief und lang am Gaumen. Ein großes Finale also – ganz wie in einer guten Oper!