Vasco Sassetti, Montalcino, Toskana, Italien
Vom Jahrgang 2007 in der Toskana lese ich immer wieder, dass er ganz groß und sehr hochwertig sei. Auf der anderen Seite lese ich aber auch mit großer Aufmerksamkeit, die Weine seien früh trinkreif, machen jetzt schon viel Freude und bereiten großes Trinkvergnügen. Bedenken und ein dickes Fragezeichen, was die Haltbarkeit angeht werden also eigentlich mitgeliefert. Es wurde Zeit ein paar Riservas zu probieren.
Dabei steht natürlich die Frage im Raum: Was macht einen Wein aus einem großen Jahrgang eigentlich aus? Dass er sehr gut riechen und schmecken muss, versteht sich ja von selbst. Dass er im Gesamtbild ausgewogen, balanciert und harmonisch daher kommen muss, ist auch selbstverständlich. Eine gute, möglichst lange Lagerfähigkeit wird auch erwartet. Was bedeutet dann ein frühes Trinkvergnügen? Bedeutet ein früher Trinkgenuss wirklich, dass ein Wein nicht zu jenen aus einem großen Jahrgang gezählt werden kann, da er dann nicht so lagerfähig ist?
Immer wieder zweifle ich an dieser Aussage, auch weil die meisten Weine dank der frühen Trinkfähigkeit ja viel eher ausgetrunken sind als ihre Lagerfähigkeit es zugelassen hätte. Viele Weine, die positiv überraschten, sind mir da im Gedächtnis. Beispielsweise die Probe des blutjungen 2007er Brunello di Montalcino, einer Riserva von Vasco Sassetti. Da frage ich mich ernsthaft, was mir denn wirklich lieber ist – dieser edle, genussvolle Trinkspass, jetzt sofort und immer wieder, oder die folterähnlichen Gedanken, wie lange ich denn noch auf diesen köstlichen Wein warten muss?
Sanft, schmeichelhaft, streichelzart
Ich glaube, ich entscheide mich für die erste Möglichkeit (bei diesem Wein auf jeden Fall), denn die Weine von Sassetti sind rar und immer schnell ausverkauft. Ich kenne sie seit vielen Jahren und glaube mich richtig zu erinnern: Kein Jahr und keine Reserva hat von Anfang an so wunderbar geschmeckt wie dieser perfekt gereifte Wein. Warum dann nicht gleich nach dem Kauf auch genießen?
Vassco Sassetti, der ehemalige Inhaber der Cantina, war eigentlich mit Leib und Seele Metzger und hat ausgezeichnete Salami, Schinken, Lardo etc. hergestellt. Wein war seine zweite Leidenschaft, der er folgte, vielleicht weniger professionell, aber mit großen Emotionen. Dementsprechend unterschiedlich waren auch die Weine, die aber stets bei den Journalisten wie Weinliebhabern im höchsten Kurs standen. Nach seinem Tod 2008 übernahm sein Neffe Massimo die Leitung des Weinguts, um das er sich schon seit 2004 gekümmert hatte. Am Stil des Weines hat sich danach meiner Meinung nach nichts Wesentliches geändert, andere glauben das Gegenteil. Den frischeren, weniger oxidierten, fruchtorientierten Charakter hatten die Weine schon Ende der neunziger Jahre und weniger bedeutende Änderungen können vermutlich den unterschiedlichen Jahrgänge zugeschrieben werden.
Die 2007 Riserva ist auf alle Fälle ein Genuss – hier und heute und das zu einem immer noch angemessenen Preis. Die weniger intensive Farbe, ziegelrot mit dichtem Kern, gereift zum Glasrand erinnert an klassische Weine aus Burgund oder Piemont. Der Duft ist sehr reich an roten Früchten wie Erdbeere, Hagebutte, eingemachten Preiselbeeren, aber auch Tomaten. Dazu gesellt sich ein feiner Holzton, Lakritze, dunkle Kuvertüre, Kaffeesatz, getrocknete Zwetschgen. Ein sehr vielschichtiger Duft, ständig im Wandel. Der Geschmack bleibt bei idealer Trinktemperatur von 20 Grad sanft, schmeichelhaft, streichelzart und rund ohne eckige Kanten oder hervortretende Tannine und Säuren. Angemessene Länge mit Nachdruck und scheinbar perfekt gereifter Frucht. Ein großer Genuss!