Bodegas López de Heredia Vina Tondonia, Rioja, Spanien
Mehr und mehr fallen mir in den letzten Jahren die gewaltigen Unterschiede der Weinstile zwischen Weinen aus den modern gestylten Weingütern und den historischen Betrieben mit ihrer traditionellen Machart auf. Ganz extrem sind die Beispiele aus Spanien und hier besonders in der Rioja.
Vor wenigen Tagen nutzte ich wieder die Gelegenheit, bei einer Verkostung des Superjahrgangs 2004 zu probieren, was ich seit einigen Jahren beobachte. Dabei frage ich mich oft, ob ein großer, traditionell bereiteter Wein, wie er beispielsweise in der Rioja nach wie vor hergestellt wird, auch heute noch Abnehmer und vor allem genügend Liebhaber findet. «Mehr als Sie denken und wir dem Markt zur Verfügung stellen wollen» war die Antwort auf meine Frage. Diese lebenden Legenden haben nicht nur in ihrer Heimat ihren Platz in den Kellern der Weinkenner, sie finden in den letzten Jahren immer mehr Anhänger in der gesamten Welt des Weines.
In der Rioja gibt es unter den Produzenten ein knappes Dutzend Wein-Traditionalisten, die sich in der Vereinigung «Bodegas Centenarias» zusammen schlossen – eine meiner Ansicht nach sehr lobenswerte Aktion. Ich sehe hier die Pflege und Erhaltung einer Kultur, die nur noch wenigen Menschen zugänglich ist, sowohl in der Verkostung als auch in den Kellern selbst. Die Weine sowie die alten Bodegas werden oft genug belächelt. Mich ergriff eine tiefe Ehrfurcht bei meinem letzten Besuch im Dom der Bodega López de Heredia Vina Tondonia in Haro, die in der Vereinigung mit von der Partie ist. Die noch junge Mercedes López de Heredia pflegt mit ihrer Schwester das familiäre Anwesen und ist als verantwortliche Önologin Herrin über zig Tausende Barriquas. Beim Gang durch die Keller schwebte sie geradezu wie ein Engel durch die endlosen Gänge des weiten, dunklen Fasskellers.
Breitgefächertes, vielschichtiges Bukett, würzige Aromen
Dabei hütet sie auch eine Unmenge uralter Flaschen von Reservas und Gran Reservas zahlreicher Jahrgänge voller Staub und Spinnennetze, die nur zu besonderen Anlässen aus dem «Dom» des Kellers geholt und entkorkt werden. Weine voller Überraschungen, mal mehr, mal weniger lebendig, an deren Verkostung ich mich wie an einen fesselnden Film erinnere. Die Weinlegenden, die uns serviert wurden, waren Zeitzeugen der Geschichte und der Familie – Besonderheiten, die fast alle noch begeistern konnten. Schade, dass sie hinter Schloss und Riegel liegen.
Auf dem Markt sind aber einige Reservas und Gran Reservas erhältlich, die darüber hinweg trösten können. Ein strahlendes Beispiel ist die 1994 Gran Reserva, die sage und schreibe 120 Monate im Fässern aus amerikanischer Eiche und dann noch Jahre in der Flasche gelegen hat, um ihre Reife zu erlangen. Jetzt ist es soweit. Strahlende, dachziegelrote Farbe mit funkensprühender Brillanz. Ein breitgefächertes, vielschichtiges Bukett, würzige Aromen, weit weg von frischen Früchten oder Beeren. Hier kommt Süßholz, Vanille, Kastanie, Lebkuchen, auch Geräuchertes wie Speck und Kamin. Eine süßlich, weiche Burgundernote im Mund, vielleicht etwas angestaubt. Kein modischer Wein, aber einer der in all seinen Facetten schmeckt und Freude macht, nicht nur wegen des attraktiven Preises.