Es gibt viele Faktoren, die die Herzgesundheit beeinflussen. Experimentelle Daten aus Humanstudien und Tiermodellen lassen vermuten, dass Melatonin bei der Behandlung verschiedener kardiovaskulärer Erkrankungen von Nutzen sein könnte. Insbesondere die Anwendung von Melatonin zur Senkung von Bluthochdruck sollte eingehender betrachtet werden.
Melatonin und Blutdruck
Ein erhöhter Blutdruck und die damit oft einhergehende Verengung der Gefäße können zu einer lebensbedrohlichen Situation werden, bei der wichtige Organe nicht mehr ausreichend mit Blut und daher auch nicht mehr mit genügend Sauerstoff versorgt werden. Die Folge: Das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, steigt erheblich. Studien belegen, dass Melatonin sowohl den Blutdruck als auch die Gefäßsteifigkeit senkt und damit überaus positive Effekte auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit hat.
Melatonin ist das primäre Hormon, das nachts von der Zirbeldrüse ausgeschüttet wird, und den Schlaf-Wach-Rhythmus regelt. Zahlreiche Forschungen haben gezeigt, dass Menschen, die als Non-Dipper bezeichnet werden, im Vergleich zu Dippern eine circadiane Störung der Melatoninsekretion aufweisen. Zusätzlich haben sie eine verminderte nächtliche Melatoninsekretion. Ein nächtlicher Druckabfall im Bereich von 10–20% und eine Verringerung des morgendlichen Anstiegs wirken sich positiv auf das Fortschreiten der Organschädigung aus, und verringern die Anzahl unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse.
Wiederherstellung des circadianen Rhythmus
Die Ergebnisse experimenteller Studien legen nahe, dass Melatonin die BP-Werte multidirektional reguliert. In einer Studie mit Diabetikern wurde festgestellt, dass sich bei 30 Prozent aller Personen mit essentiellem Bluthochdruck und Diabetes durch eine Gabe von Melatonin der normale circadiane Rhythmus des Blutdrucks wiederherstellen ließ. Die blutdrucksenkende Wirkung von Melatonin erfolgt durch die Stimulation von Melatoninrezeptoren in peripheren Gefäßen und Strukturen des Zentralnervensystems, die für die Blutdruckregulation verantwortlich sind.
Melatonin wirkt Schäden am Herzen entgegen
Aber nicht nur das: Im Nagetiermodell zeigte Melatonin eine ausgeprägte Wirksamkeit bei der Begrenzung abnormer Herzfunktionen und des Verlusts von essentiellem Herzgewebe aufgrund von Ischämie-Reperfusionsschäden. Außerdem hat sich bestätigt, dass Melatonin aufgrund seiner vielfältigen antioxidativen Wirkmechanismen Schäden am Herzen, die durch die Einnahme von Arzneimittel verursacht wurden, äußerst wirksam behebt. Melatonin kann in manchen Situationen auch nützlich sein, um einer Hypertrophierung von Herzgewebe entgegenzuwirken, wodurch auch die Häufigkeit einer Herzinsuffizienz sinkt. Die kombinierte Betrachtung der Ergebnisse von Human- und Tierstudien untermauert die kardioprotektive Wirkung von Melatonin.
Die Rolle von Melatonin bei einer Herzinsuffizienz
Eine Herzinsuffizienz betrifft weltweit mehr als 37,7 Millionen Menschen, und diese Prävalenz nimmt zu. Dabei handelt es sich um ein multifaktorielles klinisches Syndrom, das durch die Unfähigkeit des Herzens gekennzeichnet ist, ausreichend Blut in den Körper zu pumpen. Die Bedeutung von endogenem Melatonin für die kardiovaskuläre Gesundheit sowie die Vorteile einer Melatonin-Supplementierung bei verschiedenen kardiologischen Erkrankungen und Störungen des Herzstoffwechsels werden durch umfangreiche Daten belegt. Melatonin spielt eine entscheidende Rolle bei den wichtigsten mit einer Herzinsuffizienz assoziierten pathologischen Prozessen, u. a. ischämischer Schädigung, oxidativem Stress, Apoptose (Zelltod) und kardialem Remodeling. (Umbauprozesse des Herzens, die zur Herzinsuffizienz führen können).
Der Einfluss von Melatonin auf das Herz-Kreislauf-System ist gut erforscht. Melatonin interagiert indirekt über das Nervensystem und hormonelle Wechselwirkungen mit Herz und Blutgefäßen, und direkt über seine rezeptorabhängigen und -unabhängigen Aktivitäten als Signalmolekül bzw. Radikalfänger. Melatoninrezeptoren vermitteln verschiedene regulatorische Aktivitäten von Melatonin im Herzen und in den Blutgefäßen. Im Zusammenhang mit einer Herzinsuffizienz spielen Melatoninrezeptoren eine wichtige Rolle bei der Prävention dieser nach einem Myokardinfarkt und Kardiomyopathie (muskuläre Dysfunktion des Herzens). Als multifunktionales Molekül induziert Melatonin außerdem zahlreiche biologische Aktivitäten mit starken antioxidativen, anregenden, entzündungshemmenden, immunmodulatorischen, vasomotorischen und metabolischen Eigenschaften.
Epidemiologische Studien zeigen, dass die Melatoninsekretion der Zirbeldrüse sowie der Melatoninspiegel im Blutkreislauf bei Patienten mit akuter und chronischer Herzinsuffizienz reduziert sind. Neuere Forschungen legen nahe, dass der Melatoninspiegel im Serum ein nützlicher Marker für eine Herzinsuffienz ist. Die Verabreichung von Melatonin normalisiert den circadianen Blutdruckrhythmus und lindert die nächtliche Hypertonie bei hypertensiven Männern und Frauen, die eine blutdrucksenkende Behandlung erhalten, selbst im hohen Alter.
Metabolisches Syndrom und Herzinsuffizienz
Merkmale des metabolischen Syndroms sind Bluthochdruck, Insulinresistenz, Lipidanomalien, Diabetes und Fettleibigkeit. Diese Merkmale und verwandte Krankheiten wie obstruktive Schlafapnoe sind bei Patienten mit Herzinsuffizienz weit verbreitet, und spielen eine entscheidende Rolle beim Fortschreiten der Erkrankung. Mehrere molekulare und zelluläre Reaktionen, einschließlich neurohormoneller Aktivierung, komplexer Stoffwechselveränderungen und erhöhter Produktion reaktiver Sauerstoffspezies sowie oxidativem Stress, tragen zur Entwicklung einer Herzinsuffizienz bei metabolischem Syndrom bei. Über die Rolle von Melatonin beim metabolischen Syndrom wird sowohl in Tier- als auch in Humanstudien berichtet.
In Tiermodellen schützt eine kurzfristige Melatoninbehandlung (4 mg / kg pro Tag über drei Wochen) die Herzen fettleibiger prädiabitischer Ratten, unabhängig von Körpergewicht und Fettmasse, während die langfristige Verabreichung von Melatonin die mit Insulinresistenz und Dyslipidämie verbundenen Stoffwechselstörungen umgekehrt, und die Herzen fettleibiger Ratten schützt. Zudem verbessert Melatonin auch metabolische Risikofaktoren wie Lipidanomalien, Insulinresistenz, moduliert apoptotische Proteine und schützt das Herz vor Diabetes-induzierter Apoptose und Kardiomyopathie, weswegen das Hormon zur Vorbeugung einer Herzinsuffizienz bei Menschen mit metabolischem Syndrom eine Rolle spielen könnte.
Melatonin verbessert Blutzuckerkontrolle und Cholesterinspiegel
Klinische Studien zeigen, dass eine verringerte Melatoninsekretion mit einem höheren Risiko für einen Myokardinfarkt bei Frauen mit erhöhtem Body-Mass-Index verbunden ist. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Melatonin eine wirksame Therapie bei Anomalien im Zusammenhang mit Fettleibigkeit sein kann, die Patienten für eine ischämische Herzinsuffizienz prädisponieren können. Beispielsweise verbessert eine Melatonin-Supplementation (5 mg / Tag, zwei Stunden vor dem Schlafengehen, zwei Monate lang) den Blutdruck, das Lipidprofil und die Parameter des oxidativen Stresses bei Patienten mit metabolischem Syndrom.
Es ist bekannt, dass das Vorhandensein von Diabetes per se das Langzeitüberleben bei Patienten mit akuter und chronischer Herzinsuffizienz nachteilig beeinflusst. Interessanterweise übt Melatonin (10 mg einmal täglich über 12 Wochen) in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie an 60 Diabetikern mit koronarer Herzerkrankung seine vorteilhaften Wirkungen aus, indem es den Serum-C-reaktiven Proteinspiegel, die Blutzuckerkontrolle und den hochdichten Lipoprotein-Cholesterinspiegel verbessert. Angesichts der hohen Prävalenz von Diabetes bei Patienten mit Herzinsuffizienz sollten die vielversprechenden vorteilhaften Wirkungen von Melatonin für eine künftig wirksame Therapie bei solchen Patienten mit metabolischem Syndrom untersucht werden.
Weitere Studien sind erforderlich, um die zugrundeliegenden Mechanismen der Wirkung von Melatonin bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu ermitteln, um das Hormon zukünftig zur Prävention oder als ergänzende Therapiemaßnahme in Betracht zu ziehen.