Lesen wir über die Demenz der früheren britischen Regierungschefin Margaret Thatcher, scheint dieses Leiden weit entfernt. In Wahrheit rollt nach übereinstimmenden Aussagen eine Lawine mental Erkrankter auf uns zu. Allein in Deutschland sind zurzeit 1,4 Millionen Menschen betroffen. Ihre Zahl wird bis 2040 auf vier Millionen ansteigen. Zwei Drittel sind Alzheimer-Patienten. Es gibt viele Formen, mit fließenden Übergängen. Wissenschaftliche Beiträge tragen Überschriften wie „Noch vergesslich oder schon dement?“
Eine Gesellschaft im Alzheimer-Alarm: Fast Food und andere alltägliche Risiken
In einem wegen der persönlichen Enthüllungen stark kritisierten Buch über ihre heute 83jährige Mutter schreibt Carol Thatcher, wie doppelt traurig 2003 für sie der Tod des Vaters Denis war – weil ihre kranke Mutter zu vergessen pflegte, dass ihr Mann verstorben war. Die Tochter musste ihr die traurige Wahrheit immer und immer wieder neu beibringen. Carol Thatcher schreibt über eine Frau, die vor 30 Jahren die Geschicke der Welt mitbestimmte.
Die Alzheimerforschung begann mit dem Tod der ersten wissenschaftlich dokumentierten Alzheimerpatientin im Jahre 1906. Trotz der bedeutenden Wissenszuwächse der letzten Jahre, gibt es noch keine überzeugenden Therapien. Ursachen, Symptome, Verlauf und vor allem Nahrung beeinflusst. Fast Food mit reichlich Fett und Zucker verändert langfristig Eiweißmoleküle des Gehirns ebenso, wie es durch die Alzheimererkrankung geschieht. Über einzelne Faktoren gibt es keine Zweifel: Das Gehirn verbraucht 20 Prozent der gesamten Stoffwechselenergie. Nicht medikamentöse, vorbeugende Konzepte werden längst nicht mehr belächelt. Dazu zählt das Gedächtnistraining. Bei geistig aktiven Menschen ist das Risiko für Alzheimer rund 50 Prozent niedriger.
Gegen Demenz: Merktechniken erlernen
Das ist unabhängig von der Intelligenz, wie der Mnemotechniker Ulrich Bien während des Anti-Aging-Medizin-Kongresses 2009 (GSAAM) betonte. Er erklärte am Beispiel der unendlichen Kreiszahl Pi: Das Gehirn kann im Kurzzeitgedächtnis durchschnittlich sieben Ziffern drei Minuten lang abspeichern. Hier können Sie Ihre eigene Merkfähigkeit testen:
3,141592653589793238 … und so weiter. Unglaublich, aber wahr: Laut Gedächtnistrainer Bien kann mit der richtigen Technik auch eine hundertstellige Zahl einfach auswendig gelernt werden.
Kleiner Dämpfer für viele geistig Aktive: Sudoku, Kreuzworträtsel oder 1.000-Teile-Alpenpuzzles verlangen dem Gehirn noch nicht ab, was es braucht, um möglichst gefordert zu sein. Reisen zu neuen Zielen, sowie das Erlernen einer Fremdsprache trainieren die grauen Zellen wesentlich effektiver und intensiver.
Jahrelange Prävention
Auch Auswendiglernen schützt nicht vorm Vergessen. Wirkungsvoller sind Merktechniken. Sie folgen einfachen Grundregeln. Abstrakte Begriffe (Ziffern, Namen) werden in Bilder verwandelt – denn die speichern wir besser ab. Ein Beispiel: Herr Hirschau wird in unserem Info-Zentrum zu einem Zehnender, dem eben ein schwerer Felsen auf den Huf gefallen ist. Eine These ist unumstritten: Demenz-Vermeidung bedeutet jahrelange Prävention.
(Denkaufgabe: Woher stammt übrigens der Begriff Mnemo? Antwort: unten).
Der Harvard-Prä-Alzheimer-Test
Trauen Sie sich? Acht Fragen. Bis zu dreimal „Ja“ sind normale Alterserscheinungen.
Körperpflege: Vergessen Sie das Duschen oder Rasieren?
Haushalt: Überfordert Sie der Umgang mit neuen Geräten?
Finanzen: Haben Sie zunehmend Probleme, mit Ihrem Geld, mit Rechnungen?
Unerwartetes: Verlassen Sie sich stärker auf andere?
Planungen: Überlassen Sie Planungen oder die Lösung von Problemen verstärkt anderen?
Fahrverhalten: Haben Sie sich am Steuer oder auf dem Fahrrad verändert?
Freizeit: Meiden Sie anspruchsvolle Hobbies, verstehen Sie Spielregeln weniger schnell, lesen Sie weniger?
Urteilsvermögen: Irren Sie sich öfter als früher?
Von Black-out bis zum ernsten Alarmsignal
Selbst ein regierender deutscher Bundeskanzler bekannte sich bei einer Zeugenaussage vor Gericht zu einem Black-out. Termin vergessen, Schlüssel verlegt, das Auto im Parkhaus nicht sofort wiedergefunden – mit zunehmendem Alter häufen sich die Anlässe, die einen fragen lassen: Ist das noch normal? Bereits vor dem vierten Lebensjahrzehnt lassen einzelne Gehirnfunktionen nach. Als Erstes ist die räumliche Orientierung, danach das Kurzzeitgedächtnis betroffen.
Warnsignale bei Demenz
Im Laufe des Lebens können sich, von aktuellsten Erkenntnissen belegt, zwar neue Nervenzellen bilden. Aber die Verbindungsmechanismen, also Neurotransmitter und Vernetzungen, nehmen ab. Um das 40. Lebensjahr herum wird das Arbeitstempo des Gehirns („Reaktionszeit“) reduziert, sodass es normal ist, wenn einem gewisse Inhalte erst später einfallen. Im Alter von etwa 60 Jahren sind leichte kognitive Einschränkungen oft nicht zu übersehen. Namen von Freunden sind wie weggewischt, und wichtige Geburtstage hat man nicht mehr drauf. Man darf also vergessen, für welches Fernsehprogramm man sich gestern entschieden hat. Den gestrigen Besuch im Fußballstadion aber gelöscht zu haben, ist jedoch ein Warnsignal.
Substanzen zum Erhalt der Gehirngesundheit
Bestimmte Substanzen scheinen die grauen Zellen vor einem Schadensfall zu schützen, oder ihn zu verzögern. Bewährt hat sich bereits rund ein Dutzend, darunter:
- Vinpocetin (antioxidativ)
- Inositol (Zellstoffwechsel)
- NADH (Zellenergie),
- Folsäure, Ginkgo biloba (Radikalenfänger)
- Co-Enzym Q10 (Antioxidans)
- Panax Ginseng (antiinflammatorisch, antidepressiv)
Besonders sinnvoll ist die Zufuhr dieser Stoffe nach chronobiologischem Konzept, dem innerhalb von 24 Stunden veränderten Bedarf angepasst.
* Mnemosyne (aus der griechischen Mythologie): die Göttin des Gedächtnisses und Mutter der Musen, Tochter des Zeus.