Chronobiologen wurden anfangs ausgelacht. Heute ist ihre Wissenschaft die anerkannte Erforschung von Zusammenhängen zwischen Körper, Geist und Zeit. Machen Sie sich auf Überraschungen gefasst!
Wissenschaft der Zeit
Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet »chronos« die Zeit und »bios-logos« die Lehre vom Leben. Chronobiologen kann man also sehr gut als »Lebenszeiten-Forscher« bezeichnen. Und sie haben viel zu erforschen, denn die Wissenschaft beginnt gerade erst, die vielfältigen biologischen Zeitstrukturen zu verstehen. Denn alles – ob Konzentration, Potenz, Wach- und Schlafphasen, Hormonspiegel oder Körpertemperatur, Fortpflanzung oder Wachstum, ja sogar Geschicklichkeit und Kreativität, unterliegt der Zeit, oder genauer gesagt, einem exakten Rhythmus.
Innere Zeitgeber steuern alles
Die Chronobiologie bezieht sich darauf, dass sich der menschliche Organismus nicht dem Tag-Nacht-Zyklus entziehen kann, der entsteht, wenn sich die Erde dreht. Licht und Dunkelheit haben seit der Entstehung der Menschheit die menschliche Geschichte geprägt. Die wichtigste Erkenntnis in chronobiologischer Hinsicht: Wir besitzen ein ganzes Steuerpaket aus genetisch festgelegten inneren Zeitgebern. Je intelligenter wir ihre Information aufnehmen, desto größeren Nutzen können wir daraus ziehen. Diese Verbindung ist von besonderer Bedeutung bei der Verhütung und Behandlung von Krankheiten als auch beim Heilungsprozess.
Unser Dasein von zahlreichen Rhythmen bestimmt
Unser Körper besitzt einen eingebauten 24-Stunden-Zyklus. Wirklich schicksalhaft ist die Abhängigkeit der Hormonausschüttung von den Impulsen der inneren Uhren. Unter der Vorherrschaft des Gehirns informieren rund 150 Botenstoffe im Blut unsere Organe über die aktuelle Lage und verordnen entsprechende Konsequenzen. Diese Hormone geben Gas und bremsen. Im Schlaf sinkt die Körpertemperatur, mit dem Erwachen steigt der Blutdruck usw. Diese Rhythmen wiederholen sich rund um die Uhr, Tag für Tag, Nacht für Nacht. Daher sprechen Wissenschaftler auch von einem circadianen Rhythmus.
Eulen verus Lerchen
In jeder Körperzelle tickt eine eigene Uhr – und jede hat ihren eigenen Takt. Sie alle müssen auf einen 24-Stunden-Rhythmus koordiniert werden. Seit Jahrmillionen bestimmt der Wechsel von Tag und Nacht unsere biologische Uhr. Dieser Tag-Nacht-Rhythmus synchronisiert unsere innere Uhr auf die Umwelt, denn der circadiane Tagesrhythmus ist genetisch fixiert, also in unseren Erbanlagen festgelegt.
Drei Gene wurden bislang gefunden, die die Körperfunktionen zeitlich ordnen. Die inneren Uhren ticken von Mensch zu Mensch leicht unterschiedlich und bestimmen individuell deren Alltag. Am frühen Morgen könnte der Unterschied nicht größer sein. Während der eine schon bei den ersten Sonnenstrahlen hurtig sein Bett verlässt, um vor Vitalität strotzend den neuen Tag zu begrüßen (Lerchen), graut dem anderen ob solcher Aktivität, und er rollt sich zur Seite, um genüsslich noch eine Runde zu schlafen. (Eulen). Der Unterschied liegt nicht im »Fleiß« oder der »Faulheit«, sondern ausschließlich in den Genen, die unseren Biorhythmus vorgeben. Bei den so genannten »Langschläfern« beginnt der Tagesrhythmus einfach etwas später. Daran können sie wenig verändern, denn alles verläuft nach einem inneren, genetisch festgelegten Zeitprogramm.
Alles hat seine Zeit
Von besonderem Nutzen ist das Wissen um die Eigenzeit der Organe bei Fragen von Krankheit und Heilung. Die Chronobiologie beschäftigte den Menschen bereits vor fünf Jahrtausenden. Die Akupunktur der chinesischen Medizin basiert auf der Vorstellung einer Organuhr. Aber erst die vergangenen drei Jahrzehnte mit ihren modernsten Messtechnologien haben uns fundierte Kenntnisse geliefert. Jeder Tag schenkt uns zusätzliche. Doch unumstritten ist bereits jetzt: Jedes Leiden hat seine Zeit. Aber auch jede Heilung. Daraus leiten sich wichtige Konsequenzen ab: Der Einsatz neuer diagnostischer Methoden auf der Basis unserer Kenntnisse der Chronobiologie. Die therapeutische Beeinflussung durch den chronobiologischen Einsatz von Wirkstoffen. Die Chronobiologie ist die Wissenschaft unseres Körpers und unserer Sinne in ihrer Beziehung zur Zeit. Daraus entsteht der Leistungsmix der Organe. Die Gene, die Umwelt, die Jahreszeit und die monatlich und täglich wiederkehrenden Aktivitäten, sind seine Bausteine.
Teilbereiche der Chronobiologie
Chronophysiologie
ist ein Teil der Chronobiologie und untersucht die zeitliche Organisation physiologischer Abläufe. Man spricht hierbei auch von einem zeitlichen Ablauf der normalen Lebensvorgänge. Die Chronophysiologie befasst sich mit dem Phänomen von Morgen-und Abendmenschen und erklärt, wie biologische Systeme und Prozesse von Organismen zeitlich miteinander in Verbindung stehen. Der menschliche Körper unterliegt einem 24-Stunden Rhythmus. Wir verfügen über interne Zeitmesser (circadiane Uhren), die es uns ermöglichen, täglich wiederholende Geschehnisse vorwegzunehmen und eine optimale Anpassung ihrer Physiologie an die im Tagesverlauf veränderlichen Umweltgegebenheiten vorzunehmen. Ein Tag-Nacht-Rhythmus bestimmt unser Leben, Zeitgeber wie Licht, Dunkelheit und Temperatur beeinflussen unseren Biorhythmus und sind schon tief in unseren Genen festgelegt.
Fast alle bisher untersuchten Lebensvorgänge im Körper unterliegen irgendeiner rhythmischen Variation. Hormone, Neurotransmitter, Zuckermoleküle aus der Nahrung und die Kämpfer unter den Blutzellen zeigen im Laufe eines Tages abwechselnd unterschiedliche Konzentrationen im Blut. Einige Veränderungen sind gleichzeitig wichtige Taktgeber für verschiedene Reaktionen der Organe. Aber auch das Auftreten von Krankheiten und die Intensität ihrer Beschwerden folgen den Impulsen innerer Uhren. Das gilt besonders stark für Asthma, Depressionen und für epileptische Anfälle. Wird das circadiane System gestört, ergeben sich starke Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. So kann beispielsweise die Zeitumstellung wie ein kleiner Jet-Lag wirken, der mit Schlafproblemen, Konzentrationsschwächen oder sogar Depressionen einhergeht. Gravierendere und langfristigere Probleme ergeben sich bei Schichtarbeitern, bei denen diese Störungen chronisch auftreten. Nur wenn wir den eigenen Lifestyle, den wir pflegen, an unsere inneren Rhythmen anpassen, bekommen wir jene Energie, die wir benötigen und bleiben gesund.
Chronophathologie
Die Chronopathologie versteht sich als Lehre vom gestörten Zeitablauf der Lebensvorgänge. Verschiedene Phänomene der Normabweichung im zeitlichen Verlauf werden durch die Chronopathologie beschrieben, ebenso ihre Charakteristika, Ursachen, prognostische und diagnostische Bedeutung sowie therapeutische Auswirkungen. Krankheiten einzelner Organe zeigen sich zu entsprechenden Zeiten. Jahres- und Wochenrhythmen haben einen Einfluss auf Krankheitsanfälligkeit- und häufigkeit, Unfallhäufigkeit und Sterberate.
Abweichungen vom biologischen Rhythmus sind häufig. Beim Blutdruck beispielsweise finden wir dafür sehr viele Faktoren. Sie geschehen sowohl unter Bedingungen des Alltags, als auch unter dem Einfluss von Phasen der Aktivität und Ruhe. Die Chronopathologie untersucht diese Phänomene der Veränderung bei funktionellen Störungen einer Organleistung und bei Krankheit auch in Bezug auf die Rolle des Tag-Nacht-Rhythmus. Paradefelder dieser Wissenschaft sind Schichtarbeit und Jetlag; Auffälligkeiten durch die Zeitverschiebung.Die Chronpathologie hilft, verschiedene Phasen einer Abweichung von der Norm zu identifizieren. Das Erkennen von zeitabhängigen Merkmalen kann in der Diagnose wie in der Therapie einer Krankheit von großer Bedeutung sein. Die intelligente Anatomie ist die Grundlage eines jeden Medikaments mit einem therapeutischen Zeitfenster.
Chronopharmakologie
Biologische Rhythmen sind auch entscheidend bei der Einnahme von Arzneien. Dadurch kann die Wirkung von Medikamenten verändert werden, aber auch Nebenwirkungen können je nach Einnahmezeitpunkt variieren. Die Chronopharmakologie beschäftigt sich mit unserer inneren Uhr und den Auswirkungen auf die Arzneimitteltherapie. Dieser Teilbereich der Chronobiologie untersucht das Verhalten von Medikamenten im menschlichen Körper und deren Wirkung unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Strukturierung des Organismus. Dieses Wissen ist für die Behandlung verschiedenster Krankheiten von enormer Bedeutung. Nicht nur die richtige Menge der richtigen Substanz ist entscheidend, sondern auch der korrekte Zeitpunkt, zu dem diese verabreicht wird.
Chronotherapie
Die Chronotherapie untersucht die Wirkung therapeutischer Maßnahmen im Einklang mit der inneren Uhr. Für den engagierten Arzt ist dieses Wissen unendlich wertvoll. Es kann verhindern, das Richtige zum falschen Zeitpunkt zu tun. Die Chronotherapie kann der entscheidende Faktor sein, den Körper gerade dann zu unterstützen, wenn die Hilfe größte Wirkung auslöst. So erhöhen wir Effizienz. So verringern wir störende Nebenwirkungen. In die Beurteilung und Behandlung einiger weit verbreiteter Leiden ist die Chronotherapie heute bereits integriert. Hier wären Allergien, Angina, Asthma, Arthritis, Bluthochdruck, Depression, Herzattacken, Krebs, Magengeschwüre, Schlafprobleme und Stoffwechselstörungen des Gehirns zu allererst zu nennen. Noch bedeutendere Fortschritte scheinen zum Greifen nahe. Wir beginnen zu erkennen, zu welcher Stunde sich Krebszellen teilen. Sie folgen einer anderen Uhr als gesundes Gewebe, es kommt also sehr darauf an, den Körper therapeutischen Zellgiften genau dann auszusetzen, wenn sie bösartiges Wachstum am stärksten hemmen und normale Zellen am wenigsten belasten.
Was versteht man unter Chronodisruption?
Unser Organismus reagiert auf jede Veränderung von außen. Schon eine sehr geringe Verschiebung des Tag-Nacht- Rhythmus bringt unseren Organismus aus seinem gewohnten inneren Takt, was auch als »akute Chronodisruption« bezeichnet wird. Aber nicht nur der rasche Wechsel von Jahreszeiten oder Zeitzonen (z. B. aufgrund von Flugreisen oder Schichtarbeit) kann unsere inneren Uhren beeinflussen, auch zahlreiche andere Faktoren.
Auch Genussmittel wie Koffein sorgen für eine Störung des circadianen Rhythmus. Studien haben ergeben, dass Koffein, das abends konsumiert wird, das Nachthormon Melatonin direkt beeinflusst und dessen Produktion um Stunden verzögern kann. Substanzen wie Nikotin und Alkohol haben die Fähigkeit, den Melatoninspiegel zu senken und den circadianen Rhythmus damit aus dem Takt zu bringen. Darüber hinaus können bestimmte Medikamente wie Betablocker unsere chronobiologische Uhr negativ beeinflussen. Auch elektromagnetische Felder sind schädlich, denn Handy, Tablet und Co können erwiesenermaßen Krebs oder Depressionen verursachen und den Schlaf-Wach-Rhythmus stören. Nicht zuletzt kann sich Stress fatal auf unseren circadianen Rhythmus auswirken. Sind wir permanent Stress ausgesetzt, wird auch ständig das Hormon Cortisol hergestellt, das unseren Körper und seine Rhythmen völlig aus der Gleichmäßigkeit bringt. Die Folge sind häufig Schlafprobleme.
Chronobiologie der Vitamine: Uhrzeit ist entscheidend
Entscheidend ist der Zeitpunkt. Einmal, weil manche Vitamine schon aus sich heraus morgens einen anderen Effekt ausüben als abends. Zum anderen, weil sie durch ihr Einwirken auf den Stoffwechsel unter Umständen den 24-Stunden-Rhythmus unserer Organe verfälschen.
Deshalb müssen wir auch von der Vorstellung Abschied nehmen, dass wir gedankenlos mit möglichst vollgepfropften Multi-Vitamin- und Multi-Mineral-Tabletten dem Körper größtmögliche Hilfe zukommen lassen. So können wir grundsätzlich Richtiges zu einem ziemlich unpassenden Zeitpunkt tun.
Vitamine müssen ihren Beitrag in ganz bestimmten Perioden unserer geistigen, körperlichen und emotionalen Fähigkeiten leisten. Davor oder danach kann das wirkungslos sein – aber auch schädlich. Ein einfaches harmloses Beispiel: Entgiften und Entschlacken ist eine Hauptaufgabe des Körpers in den Abendstunden und in der Nacht. Dann sollten auch Kräuter, Extrakte und andere Biostoffe, die ihn beim Entsorgen der Schadstoffe unterstützen, so eingenommen werden, dass sie abends zur Verfügung stehen. Das neue Wissensgebiet der Chronotherapie erforscht die Wirkung von Anwendungen und Biosubstanzen im Einklang mit unseren inneren Uhren. Jede einzelne Zelle hat ihren eigenen Rhythmus, jedes Organ gehorcht speziellen Zeitgebern. Gehirnströme zeigen eine Wellenlänge von einer Hundertstelsekunde. Das Herz lebt im Takt einer Sekunde. Alle sechs Sekunden erfolgt ein Atemzug. Hunger, Durst, Verdauung kennen eigene Perioden. Sogar Schlaf wiederholt sich: Etwa alle 90 Minuten öffnet sich uns ein Schlaffenster. Millionen solcher Abläufe werden durch geniale Schaltsysteme koordiniert. Jedes Medikament, jede Nahrungsergänzung, passt im Idealfall in dieses Raster.
Probleme für den Organismus
Nach heutigem Wissensstand der Chronobiologie werden mehrere Problembereiche identifiziert, die mit der gleichzeitigen Einnahme von Vitamin- und Mineralstoff- Präparaten von nicht optimalen Rezepturen ausgelöst werden können:
❶ Gestörte Aufnahme. Ein Vitamin oder Mineralstoff wird durch eine andere organische Substanz blockiert.
❷Die einzelnen Organe haben unterschiedliche Stoßzeiten im Laufe eines Tages.
❸Fehlender Synergie-Effekt. Einzelne Vitamine können ohne die aktive Präsenz anderer Vitamine oder Spurenelemente ihre Wirkung nicht entfalten.
❹Die biologischen Effekte von Vitaminen und Mineralstoffen zeigen selbst tageszeitlich große Schwankungen und beeinflussen damit die Arbeitsschichten des Köpers.
Wann wirken bestimmte Substanzen?
Die meisten Vitamine leisten nur einen Beitrag zu bestimmten Funktionen. Für den Rest der Aufgabe müssen andere Substanzen sorgen, das klappt nur, wenn sie zur gleichen Zeit ebenfalls in aktiver Form zur Verfügung stehen. Die Herausforderung besteht darin, zwei streng voneinander getrennte, jedoch gleich hochintelligente Multi-Vitamin-Mineral-Produkte bereitzustellen – eines für den Morgen, das andere für den Abend.
Morgens sind u.a. die Vitamine C, D, E, A, K wichtig. So benötigt das Knochenvitamin D etwa Calcium – das zum Glück morgens am besten aufgenommen wird, Vitamin C wirkt gemeinsam mit B6 stark anregend, ideal für den Start in den Tag. Fast alle Spurenelemente wie Selen sind morgens besonders effektiv. Selen wird etwa zur vollen Entfaltung von Vitamin E benötigt: Mit dem ebenfalls morgendlichen Vitamin A entsteht die stärkste Antioxidans-Waffe des Körpers überhaupt.
Abends sind besonders sechs Vitamine der B-Gruppe wichtig: B9 (Folsäure), B5 (Pantothensäure), B1 (Thiamin), B12 (Cyanocobalamin), Riboflavin (B2) und Niacin (B3). Sie beeinflussen im gewünschten Sinne den Wach-Schlaf-Rhythmus des Nervensystems. B3 fungiert insbesondere als eine Art Stimmungsmacher und unterstützt die Freisetzung des Schlafhormons Melatonin. Magnesium fördert das intelligente Zusammenspiel von Neurotransmittern. Sie haben im Ruhe-Zyklus des Organismus bedeutende Steueraufgaben. Kalium und Zink sind sehr effektiv bei gleichzeitiger Präsenz von Magnesium.
Mehr Informationen zu Chronobiologie finden Sie unter www.chronobiologie.com.