Wissenschaftler entdecken neues Risiko: Wer medikamentös Blutfette reduziert, wird bei der Essensaufnahme möglicherweise sorgloser.
Blutfett-Medikamente verleiten zu verstärkter Kalorienaufnahme
Eine Studie über das Verhalten von Herzpatienten, die verschreibungspflichtige Medikamente der Gruppe Statine einnehmen, veranlasste Wissenschaftler zu klaren Worten: «Wie jede Pharmakotherapie sollten auch diese Substanzen Patienten ermöglichen, Risiken zu minimieren, die sie ohne Medikamente nicht reduzieren können. Aber es ist nicht das Ziel, dass Statine eine sorglosere Aufnahme von Kalorien und Fett bewirken.»
Genau das hatten Zahlen aus der Untersuchung National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) jetzt preisgegeben. Von 1999 bis 2010 wurde unter anderem erhoben, ob sich bei 27.886 Erwachsenen das Essverhalten verändert hatte.
15 Prozent höherer Fettanteil
Am spannendsten erwies sich die Gruppe der Statin-Patienten. Diese Menschen nahmen zum Zeitpunkt der Verschreibung des Medikaments täglich 2.000 Kalorien zu sich. Das waren damals deutlich weniger als bei Nicht-Patienten (2.179). Der Unterschied schrumpfte kontinuierlich und war 2005 nicht mehr existent. Am Ende der überwachten Zeit nahmen die Medikamenten-Nutzer fast 10 Prozent mehr Kalorien, und einen um fast 15 Prozent höheren Fettanteil zu sich.
Höherer Body-Mass-Index
Auch der Anstieg ihres Body-Mass-Index innerhalb dieser Jahre war rund dreimal stärker als in der Vergleichsgruppe. Die genauen Gründe wurden nicht erforscht, doch wird vermutet, dass die verstärkte Konzentration auf den Cholesterin-Spiegel von anderen Faktoren des Lebensstils ablenken.
Offensichtlich sind die Bemühungen, das Essverhalten streng zu kontrollieren, nicht mehr so intensiv, wenn Patienten sich auf Medikamente verlassen. Wissenschaftler sprechen von einem moralischen Risiko durch Statine – zusätzlich zu den oft schon diskutierten medizinischen Risiken.