Lange Zeit zielten Forschungen darauf ab, Krankheiten zu kurieren. Aktuelle Studien belegen jedoch, dass der Alterungsprozess hauptsächlich aufgrund von seneszenten Zellen erfolgt. Das Ziel der Forscher besteht nun darin, die Alterung einzudämmen bzw. gänzlich zu stoppen, indem diese Zellen eliminiert werden.
Alternde Zellen führen zum Verfall
Der Alterungsprozess ist immer noch ein Mysterium. Menschen möchten länger leben, und aufgrund von Fortschritten in Wissenschaft und Medizin ist die durchschnittliche Lebensdauer heute länger als je zuvor. Mit fortschreitendem Alter sind die Zellen jedoch nicht mehr so aktiv und teilen sich auch nicht mehr. Diese alternden Zellen werden auch seneszente Zellen genannt. Das Resultat: Es kommt mit der Zeit zu einem körperlichen Verfall und der Entwicklung zahlreicher schwerwiegender Erkrankungen.
Versuche an Mitochondrien
Forscher der Universiät von Exeter im Vereinigten Königreich gelang es jedoch kürzlich, den Alterungsprozess in menschlichen Zellen umzukehren. Um zu entschlüsseln, welche Bedeutung seneszente Zellen im Hinblick auf die Gesundheit bei älteren Menschen haben, wollten die Wissenschaftler herausfinden, wie die Mitochondrien, die Kraftzellen des Körpers, reagieren, die für die Energieproduktion der Zellen sorgen. Zu diesem Zweck benutzen sie Endothelzellen (Blutzelllinien). Ihr Ziel bestand darin, die Mitochondrien zu spleißen (aufzuspalten), um zu sehen, welches Produkt ein bestimmtes Gen herstellt.
Seneszente Zellen um 50 Prozent verringert
Das Team entwickelte zwei Stoffe, die speziell auf einen der zwei Spleißfaktoren abzielten: SRSF2 oder HNRNPD. Bisher wurden diese Proteine von den Wissenschaftlern mit zellulären Veränderungen in Zusammenhang mit der Alterung assoziiert. In Folge designten die Forscher AP39, AP123 und RT01, drei Bestandteile, welche den Mitochondrien ein bisschen Schwefelwasserstoff liefern sollten. Durch die geringe Menge an Gas wurden die Mitochondrien angekurbelt, und dadurch konnte die Seneszenz verringert werden. Frühere Studien fanden bereits heraus, dass Schwefelwasserstoff Einfluss auf die Seneszenz hat, der genaue Mechanismus war jedoch bisher unklar. Die neuen Erkenntnisse wurden in der Zeitschrift Aging veröffentlicht, und sind äußerst vielversprechend. Auf diese Weise konnte die Anzahl der alternden Zellen in der Probe um die Hälfte reduziert werden.
Forschungen könnten neue Therapiemöglichkeiten eröffnen
Einer der Forscher, Lorna Harris, gab an, dass diese Funde vor allem bedeutend seien, um zu demonstrieren, wie sich Zellen mit fortschreitendem Alter verschlechtern und ansammeln. Sie erklärte zudem, dass dies nicht nur Auswirkung des Alterungsprozesses sei, sondern dass Menschen generell altern. Laut der Wissenschaftlerin seien diese Entdeckungen viel weitreichender, als simple Zellalterung. Vor allem hätten sie Einfluss auf neue Therapiemöglichkeiten bei ernsthaften, altersbedingten Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Demenz, die nicht, wie einst angenommen, eine einzige Ursache haben, sondern auf einen oder zwei Mechanismen zurückverfolgt werden können. Darauf würde in Zukunft der Fokus der Wissenschaft liegen.
Die Forscher betonen jedoch, dass ihre Arbeiten nicht darauf abzielen, das Leben generell zu verlängern. Stattessen liege das Hauptaugenmerk darauf, die Lebensspanne einer gesunden Person zu verlängern, ohne Lebensqualität einzubüßen.
Verbesserung altersbedingter Erkrankungen durch Absterben seneszenter Zellen
In einer anderen Studie werden seneszente Zellen als „Zombiezellen“ beschrieben. Die Forscher wollten herausfinden, welchen Effekt diese Zellen auf die Knie von Mäusen haben.
Für den Versuch wurden eine sechs Monate alte sowie eine 18 Monate alte Maus herangezogen. Die ältere Maus wies im Gegensatz zu der jüngeren Pigmentveränderungen, kleine gelbe Flecken auf den Knien auf, geschädigte Zellen, die sich zwar nicht mehr teilten, aber noch nicht abgestorben waren. Diese Zellen geben Substanzen in die Blutbahn ab, welche zu einer Beschleunigung altersbedingter Veränderungen bei anderen gesunden Zellen führen. Die Forschungen zeigten, dass sich altersbedingte Veränderungen besserten, wenn lediglich 30 Prozent aller seneszenter Zellen eliminiert wurden. Dazu zählten etwa Krankheiten wie Osteoporose, neurologische Störungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Mäuse lebten zwar nicht länger, jedoch konnte eine Verlängerung ihrer Gesundheitsspanne bewirkt werden.
Was bedeutet das für den Menschen?
In dem Artikel von Corbyn wurden mehrere Studien genannt, deren Ziel es ist, die Erkenntnisse auch auf den Menschen anzuwenden. In Studien der Unity Biotechnology sollen etwa Zellen abgetötet werden, indem ihre biologischen Mechanismen attackiert werden, die für gewöhnlich das Zellsterben verhindern. Die Forscher halten Ausschau nach sogenannten senolytischen Molekülen, die den Tod von seneszenten Zellen auslösen sollen. Bestimmte Medikamente verfügen über diese Substanzen. Bisher konnte etwa ein Dutzend Arzneien identifiziert werden, die seneszente Zellen zerstören Jede davon kann jedoch nur ein bis zwei Zellarten eliminieren, weswegen sie nicht auf den kompletten Körper eingreifen können. Dennoch seien diese Erkenntnisse, laut Nathaniel David, dem Vorsitzenden und Mitgründer und Unity, ein erster Schritt, um unheilbare Krankheiten in Zukunft zu heilen.