Aufgrund zweier Studien wurde das Hormon Oxytocin mit ADHS bei Kindern in Verbindung gebracht. Die Gynäkologin Dr. Julianne Marie Centre befreit junge Mütter jedoch von ihren Schuldgefühlen und erklärt, dass Oxytocin keine Gefahr darstellt.
Was ist Oxytocin?
In dem Zungenbrecher-Wort Oxytocin stecken die griechischen Begriffe für «leicht gebärend», und genau das hat sich in den letzten Jahren zu einem Problem für Schwangere entwickelt – als ob der Prozess der Entbindung nicht schon genug Stress beinhalte.
Oxytocin ist eines der Urzeithormone der Menschheit und wird bei jedem sympathischen Hautkontakt und durch Aktivierung von Gehirn-Netzwerken ausgeschüttet. Es ist der Haupt-Botenstoff bei sozialen Interaktionen und ein wichtiger Stressregulator.
Beliebtes Wehenhormon
In der Geburtshilfe wird durch intravenös verabreichtes Oxytocin das Auslösen von Wehen eingeleitet, ehe sie von selbst beginnen. Das wird in Europa bei etwa 20 bis 25 Prozent der Entbindungen praktiziert. Neben klinisch erkennbaren medizinischen Gründen spielen auch eine Terminüberschreitung oder eine Diabeteserkrankung dabei eine Rolle.
Die öffentliche Diskussion über die Einnahme von Oxytocin löst nicht selten ein schlechtes Gewissen bei der werdenden Mutter aus. Jeder Psychotherapeut kennt die Belastungen durch elterliche Schuldgefühle.
Oxytocin unter Verdacht, ADHS auszulösen
Seit einiger Zeit stand sogar eine folgenschwere Vermutung im Raum, genährt durch zwei Studien an zwei kleinen Personengruppen: Oxytocin könnte an der Entwicklung eines Aufmerksamkeits-Defizits (ADHS) oder einer Hyperaktivitäts-Störung mit Schuld sein. Dabei handelt es sich um die häufigste psychische Störung im Kindesalter mit Schwierigkeiten in den Bereichen Aufmerksamkeit, Impulsivität und körperlicher Unruhe. Sie trifft 6 bis 7 Prozent der Kinder – Jungen häufiger als Mädchen.
Viele mit ADHS verbundene Symptome können auch durch andere Verhaltensweisen wie Ängste, Depression oder Lernschwierigkeiten erklärt werden, weshalb für die Diagnostik des Aufmerksamkeits-Defizits sechs konkrete Merkmale geprüft werden müssen. Die Krankheit wird etwa ab dem 12. bis zum 16. Lebensjahr sehr deutlich und setzt sich oft im jugendlichen Alter bis 17 Jahre und darüber hinaus fort. ADHS zählt zu einem der größten Rätsel der neuen Medizingeschichte.
Gynäkologin widerlegt Studien
Die Gynäkologin Dr. Julianne Marie Centre vom Copenhagen Universitätskrankenhaus in Dänemark durchforstete im staatlichen Geburtenregister die Daten von 546.146 Entbindungen von Anfang 2000 bis Ende 2008. Bei 25,5 Prozent der Entbindungen war Oxytocin eingesetzt worden. Nur 0,9 Prozent dieser Kinder entwickelten später Symptome von ADHS. Selbst wenn dieser Anteil mit zunehmendem Alter der Kinder noch zunehmen sollte, liegt die Zahl deutlich unter dem europäischen Durchschnitt.
Die Gynäkologin sieht es als erwiesen an, dass diese Form der Störung im kindlichen Gehirn nicht durch Oxytocin ausgelöst wird, bzw. die Wahrscheinlichkeit einer ADHS-Störung erhöht wird.