Warum werden wir in der kalten Jahreszeit häufiger krank? Forscher könnten der Antwort auf diese Frage einen Schritt näher sein. Eine neu entdeckte Immunantwort in der Nase wird durch kältere Temperaturen unterdrückt, und liefert Hinweise darauf, warum Erkältungen, Grippe und COVID-19 in kühleren Monaten häufiger auftreten.
Atemwegserkrankungen: Unbekannte Immunantwort aufgedeckt, die Viren bekämpft
Forscher von Mass Eye and Ear (Fachklinik in Boston, Massachusetts) und der Northeastern University haben eine bisher unbekannte Immunantwort in der Nase identifiziert, die Krankheitserreger abwehrt, die für Infektionen der oberen Atemwege verantwortlich sind. Weitere Untersuchungen ergaben, dass diese Schutzreaktion bei kälteren Temperaturen gehemmt wird, was das Auftreten einer Infektion wahrscheinlicher macht. Die Studie, die im Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlicht wurde, bietet den ersten biologischen Mechanismus, der erklärt, warum Viren wie Erkältung, Grippe und COVID-19 in kälteren Jahreszeiten häufiger auftreten.
Üblicherweise ging man davon aus, dass die Erkältungs- und Grippesaison in den kühleren Monaten stattfindet, weil sich die Menschen mehr in Innenräumen befinden, wo sich durch die Luft übertragene Viren leichter verbreiten können. Die Studie deutet laut den Wissenschaftlern jedoch auf eine biologische Ursache für die saisonalen Schwankungen bei Virusinfektionen der oberen Atemwege hin, die wir jedes Jahr erleben, und die sich zuletzt während der COVID-19-Pandemie gezeigt haben.
Extrazelluläre Vesikel als Schutz vor Krankheitserregern
Die Nase ist einer der ersten Kontaktpunkte zwischen der Außenumgebung und dem Körperinneren und somit ein wahrscheinlicher Eintrittspunkt für Krankheitserreger. Diese Viren werden eingeatmet oder direkt (z. B. über die Hände) in die Nase abgegeben, wo sie über die Atemwege zurück in den Körper gelangen und Zellen infizieren, was zu einer Infektion der oberen Atemwege führen kann. Wie sich die Atemwege vor diesen Krankheitserregern schützen, war lange Zeit nicht ganz klar.
Bis eine Studie aus dem Jahr 2018 unter der Leitung von Dr. Bleier und Mansoor Amiji, PhD, Distinguished Professor of Pharmaceutical Sciences an der Northeastern University, eine angeborene Immunantwort aufdeckte, die ausgelöst wird, wenn Bakterien durch die Nase eingeatmet werden: Zellen vor der Nase entdeckten die Bakterien und setzten dann Milliarden winziger, mit Flüssigkeit gefüllter Bläschen, sogenannte extrazelluläre Vesikel (oder EVs, früher als Exosomen bekannt), in den Schleim frei, um die Bakterien zu umgeben und anzugreifen. Dr. Bleier vergleicht die Freisetzung dieses EV-Schwarms mit dem „Tritt in ein Wespennest“. Die Studie aus dem Jahr 2018 zeigte auch, dass die EVs schützende antibakterielle Proteine durch den Schleim von der Vorderseite der Nase zur Rückseite entlang der Atemwege transportieren, die dann andere Zellen vor den Bakterien schützen, bevor diese zu weit in den Körper gelangen.
Für die neue Studie wollten die Forscher herausfinden, ob diese Immunantwort auch durch über die Nase eingeatmete Viren ausgelöst wird, die die Quelle einiger der häufigsten Infektionen der oberen Atemwege sind. Die Forscher analysierten, wie Zellen und Nasengewebeproben, die aus der Nase von Patienten, die sich einer Operation unterzogen, und gesunden Freiwilligen entnommen wurden, auf drei Viren reagierten: ein einzelnes Coronavirus und zwei Rhinoviren, die Erkältungen verursachen. Sie fanden heraus, dass jedes Virus eine EV-Schwarmreaktion von Nasenzellen auslöste, allerdings über einen anderen Signalweg als jenen, der zur Abwehr von Bakterien verwendet wird. Die Forscher entdeckten auch einen Mechanismus, der bei der Reaktion gegen die Viren eine Rolle spielt: Nach ihrer Freisetzung fungierten die EVs als Lockvögel, die Rezeptoren trugen, an die sich das Virus anstelle der Nasenzellen binden sollte. Je mehr Köder, desto mehr können die EVs die Viren im Schleim auffangen, bevor die Viren eine Chance haben, sich an die Nasenzellen zu binden, was die Infektion unterdrückt.
Die Forscher untersuchten anschließend, wie sich kältere Temperaturen auf diese Reaktion auswirkten, die für die nasale Immunität besonders wichtig ist, da die Innentemperatur der Nase stark von der Temperatur der eingeatmeten Außenluft abhängt. Sie setzten gesunde Freiwillige bei Raumtemperatur 15 Minuten lang einer Temperatur von 4,4 °C aus und stellten fest, dass die Temperatur im Inneren der Nase um etwa 5 °C sank. Die Menge der von den Nasenzellen ausgeschiedenen EVs nahm um fast 42 Prozent ab, und auch die antiviralen Proteine in den EVs waren beeinträchtigt.
Neue Therapiemöglichkeiten
Künftige Studien werden darauf abzielen, die Ergebnisse mit anderen Krankheitserregern zu wiederholen. Die Studien könnten als Challenge-Studien durchgeführt werden, bei denen ein Tiermodell oder ein Mensch einem Virus ausgesetzt und seine nasale Immunreaktion gemessen wird.
Auf der Grundlage ihrer jüngsten Erkenntnisse können sich die Forscher auch vorstellen, wie Therapeutika die angeborene Immunantwort der Nase induzieren und stärken können. Zum Beispiel könnte eine medikamentöse Therapie, wie ein Nasenspray, so konzipiert sein, dass sie die Anzahl der EVs in der Nase oder die Bindungsrezeptoren in den Vesikeln erhöht.
Auf der Grundlage ihrer jüngsten Erkenntnisse können sich die Forscher auch vorstellen, wie Therapeutika die angeborene Immunantwort der Nase induzieren und stärken können. Zum Beispiel könnte eine medikamentöse Therapie, wie ein Nasenspray, so konzipiert sein, dass sie die Anzahl der EVs in der Nase oder die Bindungsrezeptoren in den Vesikeln erhöht