Die beidseitige Mastektomie wird zunehmend gewählt, um die Risiken einer einseitigen Brustkrebserkrankung einzugrenzen. Da mit dieser Entscheidung schwere medizinische und psychosoziale Konsequenzen verbunden sind, untersuchten Wissenschaftler die Frage, ob sich das große Opfer für die Frauen lohnt. Das Ergebnis ist leider enttäuschend: Die beidseitige Operation verschafft keinen Überlebensvorteil, eher im Gegenteil.
Bestnoten für Mini-Op
Das Angelina-Jolie-Syndrom stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel. Die US-Schauspielerin hätte sich im April 2013 vielleicht nicht dazu entschieden, beide Brustdrüsen amputieren zu lassen, wenn damals schon eine Auswertung der Langzeit-Daten des kalifornischen Krebsvorsorge-Instituts bekannt gewesen wäre.
So würde sich nämlich die beste Überlebenschance bei der brusterhaltenden Entfernung von betroffenem Gewebe mit anschließender Bestrahlung ergeben. Bis zu 10 Prozent aller Mammakarzinome sind auf erbliche Faktoren zurückzuführen. Bisher werden die Mutationen von zwei Genen, BRCA1 und BRCA2, für die Krebsentstehung verantwortlich gemacht.
Doppel-Masektomien nehmen stark zu
Während eine einseitige Amputation in allen Altersgruppen rückläufig ist, wird in den letzten 15 Jahren ein erstaunlicher Anstieg der Doppel-Mastektomien verzeichnet. Am stärksten betroffen sind Frauen unter vierzig Jahren (mit einem deutlichen Anstieg von 3,6% im Jahr 1998 auf 33% im Jahr 2011).
Wissenschaftler werteten die Schicksale von 189.734 Frauen in Kalifornien in dieser Zeitspanne mit Brustkrebs aus. 55 Prozent wählten den einfachen oder sanften Schnitt, 6 Prozent entschieden sich für die Entfernung der Drüse in beiden Brüsten und fast 39 Prozent stimmten der einseitigen Amputation (an der betroffenen Seite) zu.
84 Prozent überleben nach brusterhaltender OP
Die höchste Überlebensrate erreichten Frauen nach einer konservativen brusterhaltenden Operation, immerhin waren 84 Prozent zehn Jahre später noch am Leben. Die schlechtesten Ergebnisse wurden durch eine einseitige Amputation erzielt, während im Vergleich damit die Entfernung beider Brüste die statistische Lebenserwartung nur gering verbesserte.
Frauen entscheiden bei Brustkrebs emotional
Die freiwillig gewählte Entscheidung für eine doppelseitige Amputation mit größeren medizinischen Risiken, einer höheren Operations-Wiederholungsrate und vermehrten Kosten ohne Nachweis eines Vorteils, stellt die Forschung vor ein Rätsel. Vermutlich erzeugen die zunehmend detaillierter werdenden bildgebenden Magnet-Resonanz-Darstellungen in der regelmäßigen Wiederholung oft mit nachfolgender Biopsie einen starken Angstdruck. Junge Frauen, besonders Mütter, entscheiden eher emotional als rational. Auch die kosmetische Industrie fördert die beidseitige Mastektomie, weil Ergebnisse schlechter sind, wenn nicht beide Brüste gleichzeitig rekonstruiert werden.
Abschließend urteilen die Wissenschaftler im «The Journal of the American Medical Association» unmissverständlich: «unnatürlich, krankhaft (wörtlich: morbid), teuer mit zweifelhaftem Ausgang».