Autor des Ratgeberbuches: „Lust auf Maca – Die geheimen Scharfmacher“
Bin ich je zu alt für Liebe und Sex?
Man muss nur Liebesszenen im Fernsehen Revue passieren lassen: Szenen mit sexuellen Inhaht selten werden prinzipiell von jungen, knackigen Schauspielern vorgeführt. Sex unter Senioren ist aus Sicht vieler Medien eher etwas fürs Kabarett. Das kommt nicht überraschend. Über Jahrzehnte entsprach es dem religiösen Hintergrund, der öffentlichen Erwartung und meist auch der eigenen Einschätzung, dass sich dieses Thema mit fortschreitendem Alter von selbst erledigt. Und ehrlich: Wer hat nicht selbst in jüngeren Jahren angenommen, dass seine weiser gewordenen Eltern, manche sogar schon gebrechlich, mit Sex nichts mehr im Sinn haben?
Nun aber erleben wir Revolutionäres. Während die Gruppe der Älteren historische Dimensionen annimmt, ist auch die Frage nach dem Sex im Alter bedeutender denn je.„Herr Doktor, ist man je zu alt für Liebe und Sex?“ wurde ich schon mehr als einmal gefragt. Nein, antworte ich.
Es gibt keine spezielle Alters-Sexualität, so wie es auch keine Jugend-Sexualität gibt. Sexualität wird uns mitgegeben, mit ihr werden wir geboren. Und wer in der Jugend und in der Lebensmitte mit wenig Trieb gelebt hat, wird auch im Alter nicht Bäume ausreißen. Wer in früheren Lebensabschnitten sexuell aktiv gewesen ist, wird es auch im Alter bleiben. Weder Falten noch graues Haar bringen die Sexualität zu einem dramatischen Stillstand.
Es ist allerdings der Zeitpunkt gekommen, die Öffentlichkeit über die sexuellen Wünsche und Bedürfnisse aufzuklären. Noch gibt es einen ungebildeten Kern, für den Sex nicht ein Grundbedürfnis jeden Alters ist, so wie die Sehnsucht nach Liebe, Zugehörigkeit und Anerkennung, egal ob man 25 oder 65 ist. Man kann es diesen Menschen nicht verübeln. Das Sexleben älterer Menschen wird seit Generationen tabuisiert, als gäbe es das gar nicht. Millionen wissen bestenfalls aus eigenem Erleben, was das Sexualverhalten im Alter prägt. Aber:
Welche Veränderungen sind „normal“, welche nicht? Was ist dran an den Mythen über den Sex der Senioren?
In meiner Praxis weise ich immer darauf hin, wann wir hellhörig sein müssen: Sobald es zu schlagartigen Veränderungen kommt. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass etwas nicht stimmt. Hinter plötzlicher Lustlosigkeit verbergen sich häufig nennenswerte körperliche Symptome. Dem muss die Ärztin oder der Arzt dann auf den Grund gehen. Auf Zusammenhänge zwischen erektiler Dysfunktion, einer Diabeteserkrankung oder ernsten Herzproblemen habe ich an dieser Stelle bereits hingewiesen. Auch seelische Erschütterungen, Unfallfolgen, Verletzungen, Traumata gehören in diesem Sinne auf den Radarschirm. Diese allgemeinen Ursachen sexueller Störungen müssen erst ausgeschlossen werden.
Sex ist in meinen Augen der am meisten missverstandene Aspekt des Alters. Ganz gleich aus welchen Gründen – die Folgen sind gravierend. Das amerikanische Zentrum für Langlebigkeit hat ermittelt: 39 Prozent der Senioren wünschen sich mehr Sexualität, als sie erleben.