Vertrauen hält die menschliche Gesellschaft zusammen. Misstrauen schützt vor Enttäuschung. Beide Empfindungen werden von Hormonen gesteuert. Der erste dieser Botenstoffe gilt als Kuschelhormon und heißt Oxytocin. Er wird durch ein eher von Frauen begriffenes Verhalten ausgelöst: Eine einzige Streicheleinheit sendet das Hormon bereits impulsartig in den Blutkreislauf. Das andere verstärkt eher eine unemotionale, rationale Denkweise, wie sie in hohem Maße durch den Mann repräsentiert wird: Testosteron.
Testosteron lässt an Glaubwürdigkeit zweifeln
Schweizer Forscher stellten schon 2005 fest: Eine Prise Oxytocin verleitet Investoren eher dazu, ihr Geld Unbekannten anzuvertrauen. Mindestens ebenso kompliziert scheint der Einfluss von Testosteron, des Sexualhormons für Mann und Frau, besonders im weiblichen Organismus zu sein. Dazu gab es jüngst einen Versuch.
Wissenschaftler der Universität Utrecht verabreichten jungen Frauen je einen Tropfen Testosteron, zeigten ihnen Fotos von attraktiven Männern und fragten, wie sehr sie den abgebildeten Personen trauen würden. Die so ermittelte Glaubwürdigkeit war nicht sehr hoch. Anderen Frauen wurden dieselben Männerporträts gezeigt bei gleichzeitiger Verabreichung eines wirkungslosen Placebopräparates. Ihre Zustimmung war deutlich positiver.
Widerspruch oder nicht?
Der Testosteronspiegel im Blut der Frau gipfelt kurz vor dem Eisprung. Dieses Sexualhormon verstärkt ihre Libido – und bremst das Verlangen gleichzeitig durch Misstrauen. Ein Widerspruch der Evolution? Nein, sagen Wissenschaftler. Erhöhte Skepsis ist gerade in einem Szenarium angesagt, wo anhaltende Unterstützung des Nachwuchses durch den Vater essentiell ist.