Adelaida Mountains, Paso Robles, Daou Vineyards, Kalifornien
Als ich im vergangenen Jahr die beiden Brüder Georges und Daniel Daou auf meiner Lieblingsinsel Sylt zufällig kennenlernen durfte, ahnte ich nicht, mit welchen Größen der kalifornischen Weinszene ich es zu tun hatte. Die Herren hatten ein paar ihrer besten Flaschen quasi im Reisegepäck und präsentierten diese ihrem einzigen Importeur in ganz Europa, dem legendären Chef der Sansibar, Herbert Seckler.
Was für ein Glück, dass Herbert meine Weinkenntnisse schätzt und mich Flasche für Flasche nach einem Urteil fragte. Ich wurde quasi neben dem hauptsächlichen Programm des Abends mit noch viel köstlicheren Rotweinen verwöhnt. Und alle waren sie aus der Winery Daou, die am höchsten Punkt in den Mountains des Paso Robles Gebirge auf 2200 Metern Höhe steht. Von diesen spektaktulären Weinbergen hatte ich wohl schon gehört, Dr. Stanley Hoffmann hat hier in den 60ziger Jahren auf der Mountain Ranch unter der Regie von André Techlistcheff schon die ersten Cabernet Sauvignons gepflanzt und erntete Jahre später höchste Auszeichnungen dafür.
Auf dieser Basis starteten die Daous 2007 mit ihrem Traum, eine Winery zu bauen. Auf 100 Hektar allerbestem Terroir wurden Reben gepflanzt, das Rebmaterial von den besten Klonen war gerade gut genug. Dafür steht Daniel gerade, dessen Herz für ertklassige Gewächse aus Bordeaux schlägt. Alles was er dort gesehen hat, das Beste vom Besten im Weinberg wie im Keller, nimmt er als Vorbild und strebt nach diesen Qualitäten, die er für seine Weine noch verbessern will. Dieses Ziel verfolgt er in den Weinbergen mit höchster Präzision, er schätzt die Erde, respektiert den Rebstock, er hegt, pflegt und lenkt mit viel Talent, damit später nur beste Trauben geerntet werden können. Diese verarbeitet er im Keller mit der Perfektion eines Uhrmachers. Er kennt jedes Faß, weiß um seinen Inhalt genau Bescheid und was ihm nicht 100% gefällt, wird aussortiert. Schließlicht trägt nach der Abfüllung jede Flasche seinen Namen und dieser bürgt für beste Qualität.
Gereift und rund, ein Bollwerk an Waldfrüchten und orientalischen Gewürzen
Den Wein-Olymp in der Heimat hat er längst erreicht, obwohl am Markt auch einzelne Flaschen nur schwer zu finden ist. Dabei unterstützt wird er von seinem Bruder Georges, der mit großem Geschick die Wege der Daou-Weine lenkt. Ich habe Georges als einen sehr warmherzigen, großzügigen und gefühlvollen Menschen kennengelernt, der der Natur sehr verbunden ist. Gemeinsam entscheiden die beiden, aber es stehen noch drei Damen: Robin Daou, Melissa Hess und Kareen Hunt hilfreich zur Seite.
Wer die Gelegenheit bekommt, aus der Daou Collection vom Chardonnay bis Zinfandel über einen Blend bis zu den extravaganten Cabernet Sauvignons etwas zu probieren, sollte nicht lange überlegen, sondern einfach zugreifen. Noch sind auch die Preise für die High-Class Weine günstig, wenn sie im Vergleich mit ihrer größten Konkurrenz gemessen werden.
Mein Favorit an diesem legendären Abend war ohne Zweifel der Bordeauxblend «Soul of a Lion», 74% Cabernet Sauvignon, 12% Cabernet Franc, 8% Merlot, 6% Petit Verdot. Viel mehr Klasse ist schwer vorstellbar. Die Dynamik, Strahlkraft und pointierte Frucht im Gaumenzentrum ist mir heute noch im Gedächnis, so als hätte ich den Wein erst gestern verkostet. Tiefschwarz, ein Latour-ähnliches Kraftwerk, mit den gleichen Tanninstützen in der Mitte, aber gereift und rund. Ein Bollwerk an Waldfrüchten, schwarzen Beeren und orientalischen Gewürzen. Nahezu frech, erotisch zieht er seine Bahnen auf der Zunge und hinterlässt einen aufregenden, denkwürdigen Nachgeschmack. Der Kerl hat das Zeug für einen der rassigsten und besten Rotweine Kaliforniens, der auch europäischen Geschöpfen zeigt, wo der Hammer hängt.